Dienstag, 31. Januar 2017

Schwanger in Fernost

Ich hoffe alle sind gesund und fröhlich im neuen chinesischen Jahr des Hahns angekommen!! Für uns natürlich wieder von besonderer Relevanz, da sich zu unserem kleinen Schaf nun auch noch ein Hahn gesellt (Hähnin?). Laut Symbolik sind Menschen, die in diesem Jahr geboren sind sehr strebsam, direkt, offen und loyal. Sie haben ein kleines Aufmerksamkeitsbedürfnis (das mag ja was werden!) und verfügen über eine gute Auffassungs- und Beobachtungsgabe. Man darf gespannt sein.

Der Jahreswechsel war für uns auch in diesem Jahr wieder mehr als unspektakulär. Feuerwerk ist eh nicht erlaubt und so richtig sicher wann jetzt genau das neue Jahr startet, sind wir uns auch wieder nicht gewesen. Unsere liebe Ayi hat Jiaozi in rauen Mengen mitgebracht, um uns Banausen wenigstens ein bisschen an der Tradition teilhaben zu lassen. Jedem Chinesen, der uns kennt, haben wir 新年快乐 (xīnnián kuàilè) gewünscht und ganz pflichtbewusst die chinesische Deko angebracht, die Glück und Wohlergehen ins Haus holen soll. Es kann wirklich nichts schiefgehen!!!



Ansonsten hatten wir die letzten Tage ca. 15 cm Neuschnee und ziemlich zapfige Temperaturen. Doch wie die echten Schneehasen sind wir noch immer sowohl vormittags als auch nachmittags mindestens eine Stunde draußen, wenn es die Luft zulässt. Durch den Schnee zu stapfen, ist aber auch grandios und knartscht so schön. Mission „Mathild bestmöglich auf ihre Schwester vorbereiten“ ist also in vollem Gang und bestens im Zeitplan. Nächster Ordnungspunkt: Treppen steigen für Einsteiger, dann grandios windellos.


An dieser Stelle werd ich mal nicht von der täglichen Routine berichten, sondern versuchen einen Einblick in die gynäkologischen Abteilungen Pekings und Changchuns zu geben.

Tadelloser Empfangsbereich
Stellt sich hier in Changchun eine Schwangerschaft ein, ist es nämlich Usus in die Guo Jian Klinik zu fahren. Über WeChat einen Termin mit der Dolmetscherin vereinbaren (ob die Dame nun auch Ärztin ist oder Krankenschwester oder vielleicht tatsächlich nur Dolmetscherin, konnte ich bisher noch nicht auskundschaften), etwa 20 Minuten quasi bis zum anderen Ende der Stadt fahren, kurz an die Kasse und die Kostenübernahme der Krankenkasse veranlassen und schon im Gang auf die Waage gestiegen. Natürlich bin ich knallhart und stell mich mit samt meiner Wintermontur drauf. So viel wie in meiner Akte steht, wiege ich also nicht wirklich :)

Anne zeigt eindrucksvoll wo gewogen (links) und wie
der Blutdruck gemessen wird
Beim allerersten Termin wurde mir eine hübsche Mappe ausgehändigt mit chinesischem Mutterpass, Untersuchungsunterlagen und jeder einzelnen Rechnung. Ehrlich gesagt hab ich mir das knallrosane Utensil nie genauer angesehen, denn die umsichtige Dolmetscherin nimmt sie und führt mich überall hin. Ich laufe nur hinterher...

Jedenfalls steck ich im Anschluss noch meinen gesamten linken Arm in die
Blutdruckmessvorrichtung. Werte notiert, allen anderen Patientinnen und deren Familienangehörigen zugelächelt und schon ist die Anamnese beendet. Wer nun genau veranlasst was zu tun ist, ist mir absolut schleierhaft.




Beim letzten Mal musste ich schließlich einfach mal eine Urinprobe abgeben. Dafür schleust man sich in die extra dafür vorgesehene Toilette ein, schnell ins Gefäß gepieselt, umgefüllt ins schmale Reagenzglas, nach der Labordame klingeln und schon ist auch dieser Akt vollzogen.

Mal wieder eine kleine, sportliche Anleitung für die ambitionierten Bewegungskünstler unter uns: Man hocke sich auf eine chinesische Toilette und versuche dabei hygienisch den Becher zu treffen. Nun zusätzlich einfach mal ein dickes Kissen um den Bauch geschnallt und schon ist die anatomische Heerausforderung perfekt. Für den extra Nervenkitzel empfiehlt es sich den Wintermantel anzulassen. Anschließender Stopp an der Blutbank:

Das ist wirklich ein großes Highlight, denn wie auch alle anderen Prozesse, findet dieser ebenso auf dem Gang statt. Man setzt sich auf einen wackligen Barhocker, bestenfalls schon irgendeinen Arm entblößt, sodass weder Routine noch Zeitplan durcheinandergeraten und ordert, ähnlich wie in einem Kiosk, die Blutabnahme an. Die stummen Damen dort tun das den ganzen Tag und ich habe wirklich noch keine nennenswerten Zwischenfälle erlebt. Pflaster fix selbst aufgeklebt, andrücken und nach höchstens 20 Sekunden ist der Vorgang beendet. Zimperlich darf man dabei nicht sein -ist aber auch niemand. Das Ergebnis der Untersuchungen wird später ganz unkonventionell per WeChat mitgeteilt.

Aus irgendeiner Initiative heraus führt mich die nette Dolmetscherin dann in einen Raum mit sechs Betten, um dort CTG zu machen. Sie arrangiert alles, ich hüpfe aufs Bett und lass mich festschnallen. Ob dort jemals die Bettwäsche getauscht wurde, sei dahingestellt...

Auch diese Damen tun wahrscheinlich seit Jahren nichts Anderes. Die Herztöne sind schnell gefunden und schwupp di wupp ist wieder allgemeiner Wechsel und die nächsten sechs Patientinnen stehen schon parat (Ich hab mich leider nicht getraut diese effiziente Einrichtung zu fotografieren).

Also schlendern wir wieder zurück auf den Gang und gehen einfach irgendwann in den Ultraschallraum. Ob es hier Systematik oder Reihenfolge gibt, ist unklar. In jedem Fall gehen wir tatsächlich wirklich IRGENDWANN in den Raum und stellen uns schon mal parat während die Patientin zuvor noch entblößt auf der Liege liegt. Effizienz ist alles! Und nun kommt der Aspekt, dessen Besonnenheit sich mir überhaupt nicht erschließt. Es gibt nämlich immer eine Ärztin (?), die ausschließlich Ultraschall macht und eine, die anschließend alles durchspricht. Der Blick in meinen Bauch dauert immer erheblich lange wie ich finde und findet in der Regel nahezu geräuschlos statt. Kurz vor Ende (wenn schon die Nächste neben der Liege steht) wirft sie kurz mit Körperteilen um sich, um auch das Mutterherz bissl zu erwärmen und dann hurtig die Hose wieder hoch. Das Gel kann man auch auf dem Flur wieder abwischen und in aller Schnelle rüber in den Nebenraum.

Hier sitzt nun eine ältere Frau, die den Befund bei geöffneter Tür „vorliest“. Der Gewinn einer derartigen Vorgehensweise ist mir missverständlich, denn ergänzende Nachfragen bringen an dieser Stelle natürlich nichts. Trotzdem sitzt die weise Dame in ihrem Zimmerchen und führt ein Gespräch nach dem anderen. Auf einem A4 Blatt ist noch einmal alles nett zusammengefasst und mit einem Bild der Herztöne versehen. Es gibt also nichts Liebreizendes, was man den Großeltern zeigen kann. Eh man sich versieht, steigt man also wieder ins Taxi und der gesamte Prozess ist vollzogen. Zu einer „wirklichen Untersuchung“ kommt es nie, daher ist es ratsam pH-Wert und andere Eventualitäten selbst zu kontrollieren und entsprechendes Equipment parat zu haben.



Niemand!! kein Mensch zu sehen!!!
Absolute Stille
Auch im Beijing United Family Hospital ist die Vorgehensweise nicht viel anders, doch sehr viel diskreter. Anamnesegespräch, Urinprobe und Blutabnahme finden in einem separaten Raum statt und der Gang ist tatsächlich vornehmlich als Wartebereich klassifiziert. Es ist weder überfüllt noch durcheinander und mir wurde eigens eine der Schwestern an die Seite gestellt, sodass ich alle Tagesordnungspunkte nacheinander erfüllen konnte. Tatsächlich sprechen alle mir vorgestellten Angestellten anständiges Englisch und haben passable Umgangsformen, doch auch hier sind die Ultraschalluntersuchung und das Befundgespräch getrennt… Allerdings erhielt die Ärztin hier nicht nur einen Zweizeiler, sondern scheinbar einen wirklich ausführlichen Bericht, dem sie sich auch eine Weile widmete. Das Gespräch war sehr aufschlussreich und Erörterungen waren von beiden Seiten durchaus willkommen.



Im Anschluss hab ich in aller Fröhlichkeit noch eine Führung durch den Kreißsaalbereich und die Wochenbettstation erhalten. Mit eigener Patientenbetreuerin -wir haben im Anschluss sogar Nummern ausgetauscht! Ach was für eine schöne Atmosphäre nicht nur in diesem Krankenhaus herrscht, sondern auch das allgemeine Miteinander. Den Beschäftigten lag erstaunlich viel daran uns lückenlos alles zu zeigen, Fragen zu klären und uns auch tatsächlich von dieser Einrichtung zu überzeugen. Und was soll ich sagen? Es gab wirklich nichts zu beanstanden weder aus medizinischer Sicht noch aus persönlicher. Sollten die mir im Wochenbett eine Maniküre anbieten, wäre ich nicht einmal überrascht :)



Wenn es mir nun weiterhin gut geht, medizinisch nichts dagegenspricht und sich die junge Dame wenigstens halbwegs an den Zeitplan hält, werde ich diese Lokalität für die Entbindung favorisieren. Programm ist Anfang April im Apartmenthotel in Peking einzuchecken, Oma Reinhilde ebenfalls dort willkommen zu heißen und noch ein paar Tage auf den besagten Termin zu warten (der sich irgendwie immer weiter nach vorn verschiebt). Völlig unspektakuläre Geburt, dann gleich in aller Heiterkeit ein paar Formalien wie Anmeldung oder Reisepass klären (dazu später mehr, vorausgesetzt ich durchschaue den Wust irgendwann) und mit dem Zug zurück nach Changchun. Ja und da bleibt abzuwarten, ob wir Oma noch als Unterstützung mitnehmen oder uns vielleicht schon allein durchschlagen. Schauen wir mal wie zuverlässig sich die Beteiligten an mein geplantes Vorhaben halten.


In diesem Sinne: Peace










3 Kommentare:

  1. Schön, von Ihren Erfahrungen zu hören. Werden im Juli 2017 auch nach Changchun reisen.

    Liebe Grüße und alles Gute :)

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    1. Oh prima, dann freu ich mich schon auf neue Nachbarn :)

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  2. Ich bin auch schon sehr gespannt :-)

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