Und wieder grüßt fröhlich aus dem verschneiten Changchun die
wachsende Familie Simon. Meine Murmel ist ein wahres Prachtexemplar und
unterscheidet sich dennoch enorm zu der Kugel, in der Mathild ausgebrütet
wurde. Da der Bauch nun komischerweise massiv nach vorn auslädt, hab ich jetzt
in der 35. Woche schon Schwierigkeiten meine Socken im Stehen anzuziehen. Aus dem
Mutterschiff wird ein Mutterdampfer! Aber ansonsten ist noch immer alles in
bester Ordnung!
Vorvergangenes Wochenende waren wir nämlich für den nächsten
Check in Peking und haben dieses Mal eine amerikanische und keine chinesische
Ärztin konsultiert. Eine überaus weise Entscheidung!
Die Dame hat ein kurzes Gespräch geführt, eruiert wie so der
Stand der Dinge ist und wo die Fahrt hingehen soll. Ultraschall veranlasst und
schon lief alles wie gewohnt ab. Eine nette ältere Dame fährt etwa 45 Minuten
mit dem Schallkopf über meinen Bauch, Mathild nimmt derweil mit ihrem Vater die
Einrichtung auseinander und später wird zur Besprechung der Resultate
vorgeladen. Und Achtung, Überraschung: ALLES IN BUTTER!! Da ich ja bei meinem
letzten Besuch im Dezember in Angst und Schrecken versetzt wurde (Nabelschnur
um den Hals, „battledore placenta“, Plazenta praevia, Risikoschwangerschaft,
usw.) war die Erleichterung enorm. Natürlich hab ich zwischenzeitlich meinen
Alltag ganz standardmäßig durchgezogen, aber irgendwo ist der Wust doch im
Hirn. Hin wie her, es hat wieder jemand den Teufel an die Wand gemalt, völlig
übertrieben und unnötige Information zum Beunruhigen werdender Eltern genutzt.
Seis drum! Die kleine Würmin wächst und gedeiht und auch einer natürlichen
Geburt steht nichts mehr im Weg.
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Kleine Leute, kleine Räder. Dafür aber an jeder Ecke |
Gottchen bin ich froh, dass die Ärztin auch noch so
sympathisch ist! Für Schwarzmalerei bin ich ja nu gar nicht zu haben. Nun ist
unser Plan perfekt. Am 26.3. (etwa 37. Woche) geht’s in aller Ruhe mit dem Zug
nach Peking, kurz danach kommt Oma Reinhilde und dann warten wir ab was sich da
so tut. Der Stefano kann derweil auch von Peking aus arbeiten und hat sich
schon einmal mit der örtlichen share-community vertraut gemacht. Mit dem Rad in
die Arbeit…Mensch, wie lange hatten wir das nicht mehr :)
Für alle Fälle hab ich mir auch hier in Changchun nochmal
das erste, öffentliche Krankenhaus am Platz angesehen. Die Klinik, in der ich
bisher zur Vorsorge war, ist zwar auch nicht so schlecht, allerdings kommen
Frühchen eh in besagtes Krankenhaus und ich halte auch die medizinische
Betreuung dort für moderner. Doch das ist nur Plan B…
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Herrlich diese Herde auf der Rolltreppe! |
Ansonsten hatte ich einen der bisher schönsten Tage des
Jahres! An besagtem Samstag hat Papa den gesamten Kinderdienst übernommen und
Mama nach Harbin in die Eis- und Schneewelt geschickt. Mit einer lieben
Freundin, deren Tochter genauso alt ist wie Mathild, haben wir uns kurzerhand
passende Züge gebucht und sind vormittags hin und am Abend wieder zurück -ganz
allein und in aller Heiterkeit (dummerweise ohne Sekt!). Schon am Bahnhof haben
wir es sehr, sehr genossen einfach nur auf den Sesseln zu fletzen und ungeniert
die Leute zu beobachten.
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Mitten auf dem Platz eine kleine Kathedrale |
Ja, nach etwa einer Stunde Zugfahrt gen Norden, sind
wir auch schon angekommen. Kurz den Taxistand ausfindig gemacht (den vielen
Touristen hinterher) und ab die Post in die Innenstadt. Eine der
Sehenswürdigkeiten ist die St. Sophia Cathedral. Zwar ein für europäische
Verhältnisse unterdimensioniertes Bauwerk, dennoch hübsch anzusehen und
offensichtlich auch beliebt bei Touristen.
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Eingang zur Fußgängerzone |
Ganz authentisch bei komfortablem Schneetreiben haben wir
die Fußgängerzone > FUßGÄNGERZONE IN CHINA!!!! < ausfindig gemacht und
selbstverständlich alle Souvenirläden abgeklappert. Ach herrlich: niemand, der
alles anknabbern muss, keiner, der alles runterwirft und erst recht kein
Zeitdruck. Mensch, das Leben kann so schön sein :P Gekauft hab ich tatsächlich
eine Matrioschka,
die jedoch mittlerweile zu pädagogisch wertvollem Kinderspielzeug transformiert
ist. Fix das Hungergefühl mit Jiaozi bekämpfen, schwören beim nächsten Mal
einfach europäisch essen zu gehen und ins Taxi zum Festivalgelände gebraust.
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Schneegestöber in Changchun |
Entgegen anderslautender Schauermärchen hat das Taxifahren
auch stets fabelhaft geklappt. Die Herren Fahrer sind eben doch nur Menschen
und haben kein Interesse mit der Deutschen in halbschwindligem Chinesisch ewig
über den Preis zu verhandeln. Das Taximeter zeigte wohlwollend an, was wir
erwarteten und so konnten wir uns ungeniert von der winterlichen Traumwelt
ringsherum betören lassen. Changchun übertreibts ja schon schnee- und eismäßig,
aber Harbin ist nochmal eine andere Hausnummer!!
Das Gelände an sich erreichten
wir gegen 16Uhr. Noch rechtzeitig, um entspannt durch Kasse und Eingangsbereich
zu trödeln und einen schönen Überblick bei Tageslicht zu erhaschen. Empfangen
wurden wir ganz stilecht von Rentierschlitten samt Weihnachtsmännern. Die kennt
hier zwar eigentlich niemand, ist aber scheinbar der chinesische Inbegriff von
Winter. Die Situation der Tiere scheint mir allerdings doch eher beklagenswert!
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MOTIVATION, MOTIVATION |

Guten Tag :) |
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Poporutschen |
Alles in allem sind wir etwa drei Stunden dort gewesen, was
auch völlig ausreichte.
In der Hoffnung nicht im größten Abreiseverkehr zu landen,
haben wir uns in die wirklich übersichtliche Taxischlange gestellt und gehofft…
Just in diesem Moment müssen weit und breit alle Taxen Pause gemacht haben.
Eine halbe Stunde war nichts zu kriegen, sodass wir schon spekulierten einen
der überteuerten Privatfahrer zu nutzen. Letztlich stiegen auch dort die Preise
und wir haben es doch beim Standardtaxi belassen. Bei eisigen Temperaturen sind
Preise irgendwann Schall und Rauch, doch wurde uns vermittelt der Taxifahrer
würde sein Gerät einschalten und uns fair zum Bahnhof transportieren. Meine
Versuche eines Gesprächs hat er beflissentlich ignoriert und uns am Bahnhof um
die Zahlung von 200RMB gebeten. Kess wie ich bin, bekam er fröhliche 100 von
mir und schwupp di wupp sind wir, samt dicker Plautze, aus dem Fahrzeug getürmt.
Damit hat der friedvolle Herr noch immer genug verdient!!
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Was für eine nette Geste! |
Sehr zum Leidwesen der immer-hungrigen Schwangeren unter
uns, war am Bahnhof schon jedwede Lokalität geschlossen. Aber gut, eine Stunde
Zugfahrt. Im heimatlichen Bahnhof angekommen wartete der arrangierte Fahrer
schon munter und hat damit dem wundervollen Tag das i-Tüpfelchen aufgesetzt.
Auch an der häuslichen Front lief alles nach Plan und im
vorgewärmten Bett wartete schon ein über meine Rückkehr dankbarer Ehemann mit
Doppelkeksen und Milch auf mich.
Alles in allem ein mehr als perfekter Tag!!
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Wir hatten Februar! |
Und wäre nicht alles schon spektakulär genug an diesem
Wochenende, hat sich die Räubertochter am Sontag um halb 8! noch überlegt sich
dermaßen den Kopf anzustoßen, dass ein kleines Stückchen Zahn schlappmachte.
Gottchen hat das gescheppert! Aber echt hey, zwei Minuten geschimpft und schon
war Mathild wieder abgelenkt. Trotzdem haste was, kannste was fix in der
Zahnklinik angerufen, Pferde gesattelt und hurtig hingedüst. Vor Ort wusste
sogar der Parkplatzwächter schon was unser Begehr ist und hat uns direkt in die
richtige Richtung geschickt. Minimale Wartezeit im kolonialen Wartezimmer und
herrlich unkomplizierte Konsultation eines Arztes -auch direkt im Wartezimmer.
Für Mathild die ideale und vor allem unkomplizierteste Vorgehensweise: Ok, der
Zahn wackelt nicht, es ist noch genug Rest-Zahn da und das Kind ist fröhlich -puh,
Abmarsch!
Ansonsten hatten wir noch munteren Besuch aus Deutschland bzw. Foshan und haben einen sonnigen Tag am Moonlake verbracht. Dieses Mal nicht so bitter kalt wie im letzten Jahr, dafür aber herrlich menschenleer und zauberhaft idyllisch. So allmählich fängts wohl auch hier an Frühling zu werden (Die Leute von hier lachen sich grad kurz ins Fäustchen über meinen Optimismus). Die vielen Aktivitäten wurden allmählich abgebaut oder zu einem günstigeren Preis angeboten. Reiten auf dem Eis war mir nun leider noch nichts für Mathild, aber die Herren sind kräftig mit dem Buggy (?) übers Eis gebraust. Hier und da noch eine Schneefigur besichtigen und schon hatten wir einen fröhlichen Tag miteinander. Besuch ist übrigens immer gern gesehen hier in Zhōngguó Dōngběi! Auch die Jiaozi-Oma freut sich :)
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Guten Appetit |
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