Dienstag, 26. Januar 2016

Die Woche konnte man wohl KNICKEN (Wortwitz!)



Ohje war bei uns schon wieder was los! 
Eigentlich ist es das noch! Ursprünglich wollte ich schon letzte Woche etwas neues schreiben….dessen Inhalt unser Ausflug zum Moonlake sein sollte. Aber Pustekuchen, wie langweilig ist das denn?! 
...Unter Umständen werde ich diesen Post allerdings nachholen müssen, weil nun die kommenden 6 Wochen wohl sehr wenig passieren wird im Hause Simon. Nunja, von vorn:

Montag, 18.01.2016
- -22°C draußen
- noch immer Eis vor der Tür
- Ayi erkältet
- der Müll muss rausgebracht werden
8:50 zieh ich mir nur fix die Uggs (wahnsinnig teure und warme Schuhe, allerdings mit lächerlichem Profil) über die Jogginghose und will schnell zur Tonne laufen. Ich höre Mathild ein bisschen schimpfen, lege einen Zahn zu und flieg aus der Kurve. Irgendwie muss ich derart kurios gelandet sein, dass ich im Anschluss nicht mehr fähig bin mit dem rechten Bein aufzutreten. 
Kurzer Blick –keiner da. Mathild schimpft kräftiger. 
Tine im Krankenwagen mit "Sanitäter" in
sibirischer Kälte
Mama im dünnen Pulli auf allen Vieren zurück ins Haus, im Krebsgang die Treppe hoch und schnell den Nuckel reingesteckt. Weiter geht’s ins Wohnzimmer, um mit dem Handy Hilfe zu holen. Nach nicht einmal 2 Minuten hatte ich schon 2 liebe Mädels im Wohnzimmer und wenig später auch meinen Mann und 3 Ameisenchinesen, die mich auf einer Trage in ihren Krankenwagen geschleppt haben. In Summe wiegen die zwei Träger vermutlich so viel wie ich –Ameisen halt! :)
 
Decken, Kissen und sonstiges Equipment sind selber mitzunehmen.


Zwischenzeitlich wurde hier noch kräftig Geld gesammelt, damit auch die Behandlung im Krankenhaus finanziert werden kann. Die Versichertenkarte wird hier nur belächelt, nur Cash zählt. Gott sei Dank hat das so super geklappt!

Halbe/Dreiviertelstunde und gefühlte 30 Bremshügel später, kommen wir am 5km entfernten Krankenhaus unserer Wahl an. Noch immer -20°C draußen und keine Heizung im Auto wie mir scheint. Aber es kommt noch besser: Ca. 6 Versuche hat es gebraucht zu erkennen, dass meine Trage wohl nicht durch die Drehtür passt. Wer baut eigtl eine Drehtür in eine Notaufnahme???

Wie in einem amerikanischen Film wurde ich anschließend in einen Unfallraum transportiert und erstmal liegen gelassen. Bevor hier keiner was bezahlt, passiert auch nichts. Stefan und ein chinesischer Freund kamen wenig später und bezahlten Transport und Erstaufnahme. Kurze Arztkonsultation, dann durften die beiden Herren! mein Bett in Richtung Röntgenraum schieben. Hier war einiges los!
Völlig überfüllter Flur
Etwa 25 Leuten warteten vor der Schiebetür. Wer zuerst reingeht, wird geröngt. Insgesamt schien mir das Krankenhaus mega voll. Da das Krankenversicherungssystem hier in China etwas weniger gut ausgebaut ist, gehen die Menschen wirklich erst in die Klinik, wenn es schon fast zu spät ist. Ich glaube ich hab mindestens zwei Tote gesehen…

Fuß vor der OP
Suchbild
Nunja, Gott sei Dank hatte ich ein Bett und zwei starke Herren dabei, sodass ich gleich die Dritte im Rötgenraum war. Schnell umgebettet, Fuß in Position und los geht’s. Moment, Bleischürze, Ehemann und Kollege noch immer im Raum?!? Uninteressant. 4x wurde fotografiert


Konsultation im Unfallzimmer. 8 Betten könnten hier
notfalls Platz finden



Schon nach einer Stunde erfolgte die Auswertung. Schien- und Wadenbein seien wohl angebrochen und die OP müsste entweder sofort stattfinden oder wenn die Schwellung wieder weg ist. Ok, auf jeden Fall erstmal nach Hause! Mathild wurde währenddessen von einer lieben Freundin herrlich verwöhnt und hat wahrscheinlich nichts mitbekommen von dem Trubel 

Also haben sich die Herren noch einmal auf die Strümpfe gemacht einen festen Stiefel zu besorgen (wie heißt denn sowas?), Schmerzmittel, Krücken und natürlich die Röntgenbilder. Es stehen zwar in der Tat ca. 7 Schwestern im Raum, die sich alle freuen, dass ich Brötchen zum Kühlen in der Socke hatte, aber keine unterstützt. Sehr ärgerlich, doch nach 2h war auch das erledigt. Ein Aufenthalt von etwa 4h lag nun hinter uns und es wurden Pläne geschmiedet mich ins Auto zu bugsieren. Nicht so einfach, wenn vor der Notaufnahme Stau herrscht und keine Rollstühle vorhanden sind. Also auf ein bewegliches Bett, Drehtür anvisieren und in die Kolonne eingereiht…
Mit diesem Bett ins Auto







Auf eigene Faust entschlossen wir uns dann doch die nächsten Tage zu operieren, allerdings in Peking. Schnell Flug gebucht und die Hühner gesattelt.

Dienstag, 19.01.206
Im Taxi am Flughafen angekommen, schnell nochmal auf dem Eis ausgerutscht und dann auf Krücken rein zum Check In. Für einen Rollstuhl hätten wir uns 24h vorher melden müssen. Auch nachdem ich der Dame am Telefon gesagt, hatte, dass der Unfall noch nicht einmal 24h her sei, hatte sie kein Verständnis. 
Dramatisch wurde es erst in Peking. Niemand kann sich vorstellen wie groß der Flughafen eigentlich ist!! Vor allem mit Krücken. Hinzu kommt, dass das Flugzeug nicht am Gate hielt und ich mich deswegen auf der Treppe beweisen musste. Egal, Mathild hat schön geschlafen.
 
 In der Oasis-Klinik angekommen erhielten wir fix einen Termin für den Nachmittag beim Orthopäden und einen um die Mittagszeit zum Impfen für Mathild –ein Abwasch :)

Unser Luxusbad






Wirklich das gesamte Personal der Klinik konnte erstaunlich gut englisch sprechen und uns in allen Belangen helfen. Ein Service, der in Deutschland noch seines Gleichen sucht! (Mir wurde sofort aus dem Auto geholfen, rein in den Rollstuhl und ich musste nie wieder etwas bewegen!!) Auch das Inventar und das gesamte Ambiente vor Ort hat mich in Staunen versetzt. Nicht zuletzt unser Familienzimmer hatte Hotelcharme. Stefan hat leider Couchsurfing gemacht und Mathilds Bett war auch größer als sein Sofa, aber wenigstens konnten wir alle drei zusammenbleiben. Auch keine Selbstverständlichkeit!

Legpump
Der wirklich, wirklich überaus sympathische Chefarzt! schaute sich nun identische Bilder an, stellte aber durchaus glaubwürdig fest, dass beide Knochen durchgebrochen sind und dabei kräftig gesplittert haben. Mittwoch gegen Mittag OP. Ergänzend wurde noch ein CT angefertigt und meine Lunge geröntgt –Wozu weiß ich allerdings nicht. Die Krönung des Tages bildete jedoch die sogenannte "Legpump". Eine Art großer Luftschlauch, der jeweils um beide Beine gelegt wird und anschließend rhythmisch Luft von unten Richtung Oberschenkel pumpt, um der Schwellung entgegen zu wirken. Sehr angenehm!







Mittwoch, 20.01.2016
OP-bereit
Letzte Mahlzeit scheint ewig her und innerlich verdürrte ich nahezu. Deutlich wurde das besonders, als 3 Schwestern versuchten mir eine Kanüle (?) in die Vene zu stecken. Beim, ungelogen, sechsten Anlauf hat das dann geklappt. Aber ich sah danach auch wie Jesus. Mit ein bisschen Verzögerung ging es dann auch los. Tochter und Ehemann geknutscht und rein ins Nirwana. 

Vorher fix über alle Piercings diskutieren und schon war alles vorbei. Als nächstes erinner ich mich grau an den lieben Arzt, der Stefan voller Stolz die Bilder der 10 Schrauben und 2 Platten in meinem Bein zeigt und versicherte, dass er mein Herz (das Tattoo über der Ferse) nicht gebrochen habe :)


Außerdem wartete im Zimmer ein wunderschöner Blumenstrauß von Stefans Kollegen. Eine wirklich schöne Geste, die mich ziemlich rührte als ich wieder zur Besinnung kam.
 


Zwei gedünstete Toast als Nachtsnack und endlich Wasser!!!





 
Donnerstag, 21.02.2016
Ganz fürchterliche Schmerzen, aber Gott sei Dank war keinerlei Bewegung nötig. Stefan und Mathild waren mittlerweile ein eingespieltes Team und haben ein ganz liebenswürdiges Bild abgegeben. Ich möchte nochmal betonen wie stolz ich auf die zwei Spätzchen bin!!!
Allmählich habe ich den Verband wieder losbekommen und immer mal wieder irgendwelche Flüssigkeiten durch den Tropf bekommen. Es geht aufwärts. Am Abend bin ich sogar schon allein zur Toilette.

Freitag 22.02.2016
Schnelles Erholen, leckeres, westliches Essen genießen und anstrengende Kraftübungen mit dem Physiotherapeuten. Auch Treppensteigen haben wir geprobt, was sich schließlich als super hilfreich herausstellte. Schließlich haben wir erneut ein Röntgenbild des Fußes gemacht und anschließend hat mir ein netter Arzt ein super-cooles Gefährt gegeben. Damit konnte ich wirklich entspannt durch die Gänge flitzen –Fast ohne Schmerzen! 

In Summe 10 Schrauben und 2 Platten mehr
Den gesamten Abend haben wir uns noch einmal mit Versicherung und Fluggesellschaft auseinander gesetzt. China Southern scheint wirklich ein überaus behindertenunfreundlicher Verein zu sein. Wieder kein Rollstuhl. Wohl weil wir nach 16Uhr angerufen haben (aber diesmal 24h vorher!) Stefan solle einfach pünktlich am Flughafen sein, dann würde er eventuell einen Rollstuhl für seine Frau ergattern. Auch dass das schwierig sei mit einem 4-Monate alten Säugling, beeindruckte niemanden.  

Samstag 23.02.2016
Nach dem ganzen Hin und Her haben wir nun auf eigene Faust einen Rollstuhl gekauft. In der Annahme den auch hier zu Haus gut einsetzen zu können. Im Nachhinein hat sich das mehr als bestätigt. Mathild liebt es zu cruisen.
Zum Flughafen wurden wir in einem Kleinbus gebracht und von 3 freundlichen Herren begleitet. Letztlich musste ich meinen Rollstuhl doch beim Check-In aufgeben und erhielt einen von der Airline. Nun gut, wir wollen uns ja nicht aufregen! Ab hier wurde ich wieder schön geschoben, Sicherheitskontrolle, zum Gate, Abflug.


Mittlerweile haben wir sogar schon einen kleinen Ausflug mit unserem neuen Gefährt gemacht. Stefan hat seine zwei Damen fröhlich durchs Dorf geschoben und dabei die kühle Luft genossen. Mathild kuschelte auf meinem Schoß und endlich hatten wir wieder ein bisschen  Ruhe.

Die kommenden sechs Wochen werden wohl ein bisschen trocken werden aber so nach und nach werden wir auch mit zwei Krücken, zwei Haushaltshilfen und einem funktionierenden Bein eine Routine finden. Mathild ist nach wie vor herrlich pflegeleicht, nimmt jeden Tag und bringt ihn zum Strahlen.



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