Freitag, 3. November 2017

Bevor wir in Changchun bleiben -auf nach Harbin!

....Der Parteitag ist vorbei und Tine ist wieder online 🙋

Seit geschlagenen zwei Wochen hocken die Kinder und ich nun nahezu ununterbrochen in unserem Wohnzimmer. Hin und wieder wechseln wir in die obere Etage und sortieren Wäsche oder spielen einfach mal in einem anderen Zimmer -eine fantastische Abwechslung! Nicht nur, dass Mathild am Abend wahnsinnig unausgeglichen ist, auch für mich ist so ein gezwungener Heimaturlaub echt eine Tortur. Sonst mindestens 4 Stunden auf dem Spielplatz nur rumstehen und jetzt aktive Kinderbespaßung. Ich nehme alles zurück. KINDER KÖNNEN DOCH ANSTRENGEND SEIN!!!  

Höhepunkt des Tages ist jetzt die Beikostfütterung von Carla. Bevorzugt durchgeführt von ihrer großen Schwester. Aaaaaah! AAAAAaaaah! AAAAAAAAH!!! Egal, Löffel rein. Das stopft schön und geht ruck zuck. Im Grunde muss ich mich nur mit Lätzchen und Lappen bereithalten und auf Sättigungsgefühl oder Resignation warten.  

 

Ansonsten robbt Carla jetzt schon effizient durchs Haus und hin und wieder hebt sie davor auch ihren Po. Mathild übt Rolle vorwärts und es sind wieder 5 Minuten unseres langweiligen Tages vergangen. Kürzlich hat es sich ergeben, dass wir für Halloween ein bisschen Südseefeeling verbreitet haben und uns einen Antonio schnitzten.










Letzte Woche jedoch ergab es sich, dass ich mich in Schale warf und aufgehübscht im Dirndl zum Oktoberfest im Drei Kronen fuhr. Alle Füße platt getanzt und heiser hab ich (kaum zu glauben) wieder neue Energie für die nächste langweilige Woche getankt. Hin und wieder muss ein bisschen Eskalation schon mal sein. Mutter des Jahres wollte ich eh nicht werden 😊 Denn die Woche drauf hab ich nämlich schon wieder als Morticia (die Mutti aus der Addams Family) auf der Halloween Party getanzt. Wenn was los ist, dann geballt. 


Und weil alles so eintönig ist, berichte ich einfach von unserem idyllischen Urlaub in Harbin während der Golden Week: 

Ganz ursprünglich hatten wir ja  zauberhafte Pläne für diese freie Woche. Je ju ist eine Insel bei Südkorea. „Das koreanische Hawaii“. Hotel rausgesucht, akzeptable Flüge gefunden und nu…doch nicht, weil Herr Simon wohl arbeiten muss. Aber nichts Genaues weiß man nicht. Planänderung und Sonne tanken in Xi’an (Terrakottaarmee, muslimisches Viertel und so) Aber bis eine Woche vor potentieller Abreise konnte sich mein heiß und innig geliebter Gatte nicht ausmeiern wir er zu arbeiten hat, sodass wir noch immer nichts gebucht hatten. Besonders schön ist das, weil ja eigentlich alle Chinesen zu dieser Zeit auf den Beinen sind. 
Die Arbeitnehmer hier haben ja oft nicht viel mehr als 5 Urlaubstage im Jahr und nutzen dann natürlich die wertvollen Feiertage wie Springfestival oder eben Golden Week. Das macht nicht nur jeden Urlaub sehr teuer, sondern eben auch sehr anstrengend. Jede überregional bekannte Sehenswürdigkeit ist übervölkert und im Selfiesturm hat man es als Laowai mit zwei schnuckeligen Kindern nicht leicht. 

Musiker in einer Fußgängerzone. Einmalig!
Lange Rede kurzer Sinn: Wir fuhren mit dem Auto 3 Stunden für 4 Tage nach Harbin. Wie sich herausstellte war das in der Tat eine gute Wahl und die Fahrt auch echt nicht dramatisch. Im Hotel haben wir extra eine Suite gebucht (Ohooo!), um die Kinder separat hinlegen zu können und dann noch heimlich unter der Decke fünf Minuten Karten spielen zu können. Das war schon auch eine gute Idee und alle konnten so frisch und erholt ins Abenteuer starten.  




 
Erster Tagesordnungspunkt natürlich der Tigerpark. Allein die Fahrt dahin hat uns schon mächtig imponiert. Die Straßen sind nur halb so leer verglichen mit CC und deutlich besser in Schuss. Auf der anderen Flussseite, wo beispielsweise auch das Schnee- und Eisfestival stattfindet, ist alles großzügig angelegt, super beschildert und richtig hübsch anzusehen. Hier und da ein bisschen grün, ein Fluss, übersichtlicher Verkehr und überwiegend wunderbar sauber. Mensch haben wir ein Glück, dass wir immer schon halb 6 von den Damen geweckt werden und so pünktlich die ersten an jeder Attraktion sein können. Es wurde nämlich dann doch gewaltig voll. Zunächst haben wir mit einem großen Safaribus eine Erkundungstour durch das Gelände gemacht. Oft wird ja gesagt, dass die Tierhaltung in China so schrecklich ist, dass man sich solche Ausflüge aus ethischen Gründen lieber sparen sollte. 




Hier kann ich jedoch wirklich nichts Schlechtes sagen. Ich meine in Deutschland wär so eine Anlage auch nicht großzügiger.



....  Aber sicher ein bisschen artgerechter. Betonfußboden im Käfig, und dauerfotografieren von kleinen Tigerbabys auf verschiedenen Armen unbeholfener chinesischer Kinder ist sicher nicht die größte Freude. Nun ja, die Tour war jedenfalls für uns erfolgreich. Wir haben sogar weiße Tiger und ein paar Löwen gesehen. 

Gegen einen Aufpreis kann man sich einfach mal ein Stück Fleisch (oder wahlweise ein lebendes Huhn, oder gern auch eine lebende Ziege) kaufen und diese von des Wärters Jeep fallen sehen. Die Jagd ist eröffnet. 







 
Hier wird gleich ein Huhn seinem
Schicksal überlassen. Die Löwen wissen schon Bescheid


Gut, das ist sicher die Natur wie sie leibt und lebt, aber ich hatte echt Schwierigkeiten dieses Szenario meiner Tochter zu erklären. Naja und so richtig fair war der Vorgang ja auch nicht. Die Einheimischen Touristen hatten ihre helle Freude. Wir im Großen und Ganzen auch.  Doch, da kann man wirklich mal hinfahren, schön wars.









Ganz im Gegenteil zu unserem nächsten Ausflugsziel: Das Polar-Aquarium. Wie gruselig wars denn dort. Schon zu unserer unchristlichen Ankunftszeit wars viel zu voll und vor allem deutlich, deutlich zu laut.
Nun ja, wir hatten nun aber schon etwa eine Million Euro Eintrittsgeld gelassen und sind einfach mit dem Strom mitgeschwommen. Manche Gehege waren echt ok. Nicht gut, aber ok. 







Mehrheitlich war diese Einrichtung aber unter aller Sau. Die Räumlichkeiten für 2 (in Worten: Zwei!!!) Eisbären war nicht größer als mein erstes Zimmer als Studentin. Inkl. kleinem Teich. Völlig abwesend vegetierten die Tiere da kopfschaukelnd vor sich hin.
Ebenso die Polarfüchse und -wölfe. Wirklich grausam. 
Dummerweise sind wir direkt in eine Belugashow reingerutscht und haben in dem Andrang auch noch Mathild verloren. Ich hab gedacht mein Herz springt raus vor Aufregung. Diese ganze Örtlichkeit hat mich sinnlich und mental einfach so dermaßen überfordert, dass ich am liebsten laut losgeschrien hätte. Nach unendlichen 5 Minuten ist sie auf dem Arm eines Ordners weinend wieder aufgetaucht. Gott sei Dank hat Carla den Großteil dieser Horrortour im Tragetuch verschlafen. Eigentlich erstaunlich bei der Lautstärke. Um wieder bissl Frohsinn zu verbreiten, wollten wir uns abschließend noch die Seehundshow ansehen, doch auch diese haben wir nach 3 Minuten verlassen. Mir scheint die Chinesen haben einfach kein Gefühl für Lautstärke und Reizdosierung. Das war also ein kompletter Reinfall. 

Sehr bedrückende Architektur.
So verlässt man auch die Ausstellung
Doch das dicke (und eindrucksvolle) Ende unserer touristischen Erlebnistour kam erst noch. Das japanische Museum Unit 731. Ähnlich mahnend und berührend wie ein KZ. Ein wirklich systematisch und gut strukturiert aufgebautes Prachtwerk chinesisch/japanischer Erinnerungskultur. Selbst meine Mitbesucher haben das Handy auf die Seite gelegt und aufmerksam Exponate und Texte studiert





 
Hier haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass bei derart tragendem Stoff kleine Wirbelwinde nichts verloren haben. Fröhlicherweise handelt es sich bei den Chinesen um ein sehr (westliche)-Kinder-affines Völkchen, sodass mir niemand das Gefühl gegeben hat, das Rampen auf- und ablaufen würde irgendwie stören… 

 
Doch fiel es mir tatsächlich schwer nach der Lektüre der Beschreibung einer OP an einem 14-jährigen Jungen, dem quasi experimentell lebendig sämtlich Organe entnommen wurden, wieder mütterlich-munter durch die Ausstellung zu ziehen. Auch Bilder erfrorener Kinder in den Armen ihrer Mütter machen sehr betroffen. Die Kuratoren waren in jeder Hinsicht erfolgreich und haben wahrhaftig mit dieser Ausstellung einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Am besten lest ihr euch die Zusammenhänge und Hintergründe zu diesem Museum mal in aller Ruhe auf Wikipedia durch: https://de.wikipedia.org/wiki/Einheit_731  




Gut, und unseren letzten Urlaubstag haben wir so richtig kitschig im IKEA verbracht. Leute, wir leben in China -da ist das ein Highlight!!!  
Es war natürlich gerammelt voll und wir waren natürlich die einzigen Ausländer weit und breit. Unsere Kinder hatten also wieder den Hauptpreis gewonnen und überall alle Blicke auf sich gezogen. Trotzdem haben wir herrlich gegessen, uns ein bisschen inspirieren lassen hinsichtlich unseres neuen Zu Hauses in Ingolstadt und die ein oder andere Kleinigkeit (Servietten, Kerzen,...was man eben so braucht) und Leckerei mitgenommen. 
 

Und zum Abschluss noch ein Leckerli chinesischer Tischsitten. Wer denkt es würde sich jemand im halbwegs noblen Restaurant wundern, dass der Herr einfach sein Shirt auszieht -PAH! weit gefehlt.
Wir sind einfach zu verklemmt





1 Kommentar:

  1. Hallo, in einem schon etwas älteren Eintrag hatten Sie geschrieben, dass Sie in Changchun in einem Chor gesungen haben. Ich ziehe demnächst nach Changchun und singe sehr sehr gerne. Was war das denn für ein Chor und gibt es ihn noch?

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