Und alles fängt wieder von vorn an:
Nun ist also auch Carla an der Reihe eine Fülle von
Impfungen zu empfangen und fröhliche und weniger fröhliche Untersuchungen über
sich ergehen zu lassen. Angefangen haben wir damit vor ca zwei Wochen. Mittwoch
früh halb acht ging es munter mit dem Schnellzug in Richtung Peking. Diesmal
habe ich den Zug vorgezogen, obwohl die Reise zwar länger ist, dafür aber erheblich
entspannter mit so einem kleinen Würmchen. Und mit Carla sowieso. Entgegen
aller Vermutungen fand ich damals den Antrittsflug nach China mit Mathild
(9Wochen alt) am schlimmsten. Alles war zu warm, zu aufregend, zu laut und
überhaupt total unentspannt. OBWOHL wir Business geflogen sind. Mittlerweile
muss man Mathild zwar schon richtig beschäftigen, aber alles ist leichter als
ein permanent schreiendes Baby zu bespaßen. Sollte nun bei Carla ebenfalls so
eine akute Reiseunlust auftreten wie damals bei Mathild, könnte ich wenigstens
mit ihr im Zug rumlaufen oder sie in der Autoschale in den Schlaf wiegen. Allein ein 8
Wochen altes Baby im Flugzeug auf dem Schoß anzuschnallen, ist nicht wirklich
erquickend. Also Bahn fahren…
So hab ich mir also eine große Lunchbox gepackt und mich auf
7 Stunden entspannte Fahrt gefreut. Und juhu! Das lief nach Plan. Schon am
Bahnhof nochmal gestillt und gefüttert und die erste Runde Schlaf haben wir
eingeleitet, als wir Changchun noch nicht einmal verlassen hatten!
Aber nochmal zurück zum Bahnhof:
Es ist mir bisher noch nicht aufgefallen, aber die
chinesische Bevölkerung hat ein Tabu. Brüste. Was für eine wundervolle
Erfahrung. BRÜSTE!!! Ich schleppe also den Rucksack, in dem sich neben Speisen
und Getränken auch Kleidung befand, und Carla bis hinten zum letzten Gleis,
halte alle Nase lang, damit Hinz und Kunz reingucken kann und bemühe mich um
ein freundliches Auftreten morgens um 7Uhr. Das war nicht wirklich in meinem
Sinne, aber die Damen und Herren werfen sich einfach ungeniert in meinen Weg.
Nachdem ich einen Platz gefunden habe, der mir großzügig angeboten wurde, hatte
ich ruck zuck eine Reisegruppe in meiner Nähe, die dringend beim Anblick meiner
Tochter quieken und starren mussten. Sie diskutierten, ob ich wohl chinesisch
verstehe, obs ein Mädchen oder Junge ist und wie alt das Kind wohl sein mag.
Dabei hab ich immer eine große Freude! Nervig ist allerdings, wenn das alles in
einer Lautstärke geschieht, die einem ruhenden Kind nicht angemessen ist. Und
anfassen geht gar nicht.
Nunja, ich nehme also das Kind, raffe mein Top hoch,
Hupen raus und ab die Post. Zack! Ruhe! Die halbe Sitzreihe mir gegenüber war
wie leergefegt. Das gibt’s ja nicht! Mittlerweile hat sich das mit dem Stillen
zwar leider erledigt, aber ich denke drüber nach Carla (oder vielleicht ist
Mathild dazu nützlicher?) so zu konditionieren, dass mir dieser Trick bei
Bedarf auf Anhieb gelingt. Einfach ostentativ das Oberteil hoch, Kind ran und Ruhe.
Erstaunlich!
Nach diesem Erlebnis, also fix rein in den Zug, denn das
muss immer schnell gehen. Bevor der Zug losrollt, muss man nämlich mindestens
schon 10 Minuten drinsitzen. Sonst fährt er unter Umständen gar nicht ab
(Ironie). Dem chinesischen Zeitdiktat habe ich mich also auch unterworfen und
mir gemütlich meine Sitzreihe hergerichtet, Kind abgeschirmt und Augen zu. Hin
und wieder eine Mahlzeit für uns zwei und fertig. Fröhlicherweise saß in der
Reihe neben mir wieder ein älterer Herr, der weder Bier trank noch schnarchte
noch laut telefonierte. Kein Rülpsen, kein Spucken. Ja nicht einmal die Nase
hat er hochgezogen. Also bat ich ihn während meiner Toilettengänge kurz einen
Blick auf die Babyschale samt Inhalt zu werfen. Ich kam wieder und alles war
wie vorher. Kind schläft und wurde nicht von 62 Leuten umringt oder angefasst.
Alles ruhig. Ach herrlich.
In Peking angekommen haben wir uns vorschriftsmäßig in die
Schlange fürs Taxi gestellt, durften uns bissl vordrängeln, weil mein Gepäck ja
doch sehr schwer aussah und eh ich mich versah, saßen wir schon im Taxi auf dem
Weg zur französischen Botschaft.
Dies war die erste Situation, in der mir auffiel, dass die
Herrn Taxifahrer wohl noch nie Berührung mit einer Autoschale für Babys hatten.
Mit viel Höflichkeit wurde mir jedes Mal der Kofferraum geöffnet. Während
meines gesamten Aufenthalts insgesamt 3 Mal. Ein Fahrer hat das Baby überhaupt
nicht wahrgenommen und sich schrecklich erschrocken, als Carla auf ein viel zu
übertriebenes Niesen seinerseits mit lautem Schreien ihrerseits reagierte. Ich
musste schrecklich lachen 😊
Dieses Mal hatte ich für die Impfungen den deutsch-französischen Botschaftsarzt in der französischen
Botschaft ausgewählt, weil dort ebenfalls mit europäischen Sera geimpft wird,
der Arzt ein Deutscher ist (zwar kein
Kinderarzt, aber dennoch wirklich, wirklich kompetent und seeeehr sympathisch)
und vor allem weil er, wie in Deutschland zumeist auch, alle Impfungen an einem
Tag macht. Die Ärztin, die ich zuvor stets konsultierte, macht nur eine Impfung
pro Tag und zwingt uns damit mindestens 3 Tage zu bleiben. Der Gedanke ist im
Grunde sehr lobenswert, aber aus meiner Sicht bissl zu vorsichtig. Allerdings
habe ich ja auch noch keine negativen Erfahrungen gemacht...
Nunja, so lange konnte ich Mathild ja nun auch nicht bei Papa,
der Ayi oder einer Freundin allein lassen.
Leider habe ich von dieser
Möglichkeit erst vor Kurzem gehört, sonst hätte ich diese Vorgehensweise wohl
schon früher bevorzugt. Der Arzt war nämlich große klasse und hat seinen Job
wirklich wunderbar gemacht. Ich hab mich jedenfalls wohl gefühlt und alle Probleme,
Fragen und Anliegen zufriedenstellend geklärt bekommen.
Das Kind ist fit, hat alles gut vertragen und alles in allem
gabs keine nennenswerten Vorkommnisse zu dem Thema.
Also haben wir uns auf dem Weg ins Hotel gemacht,
durchgeatmet, das schöne Ambiente (East Hotel in Peking – sehr zu empfehlen) und
die Ruhe genossen und dann ein Restaurant mit herrlich europäischem Essen
aufgesucht, um den Abend in aller Gelassenheit ausklingen zu lassen. Über 10
Stunden Nachtschlaf und ein verpasstes Frühstück später hatte ich die sieben
Sachen wieder verstaut und bin mit meiner Reisegruppe Richtung Krankenhaus
gedüst. Schnell noch Mama untersuchen, alles in Butter und wieder zurück zum
Bahnhof.
Was bisher herrlich unspektakulär verlief, gipfelte nun in einem
schrecklichen Regeninferno, auf das ich keineswegs vorbereitet war. Der
Taxifahrer konnte überhaupt nicht glauben, dass ich keinen Schirm dabeihatte.
Ganz reizend hat er sich bemüht so nah wie möglich am Bahnhof zu parken, sodass
ich nur fix unter dem Regen durchlaufen musste und im Trockenen stand. Wie eine
Gazelle bin ich also über den Vorplatz gesaust, Baby samt Schale schaukelten
schwungvoll, aber zufrieden in alle Richtungen und letztlich fand sich ein
charmanter, junger Herr, der sich den Regenschirm mit uns teilte. Gut,
eigentlich hat er ihn wie ein echter Gentlemen nur über uns gehalten und uns in
der Schlange für die Passkontrolle sogar vorgelassen. 3 Kontrollen später
standen wir nun endlich in der Vorhalle. Der Plan war nun noch fix eine
Mahlzeit einzunehmen oder mindestens einzukaufen und dem Trubel etwas zu entfliehen.
Durch den Regen war allerdings die Hölle los. Ob ich wieder die Hupen raushole?
😊
Aber kein Problem, wir haben noch schnell ohne Probleme
einen leckeren Kaffee, eine Sitzmöglichkeit und die nächste Katastrophe
gefunden. Vorbildlich wie ich bin, hab ich nach dem Kontrollmarathon fix
nochmal alles sortieren wollen und finde plötzlich unsere Tickets nicht mehr!!!
Also schnell zur Info und nachfragen -nichts gefunden-, selber suchen -nichts
gefunden-. Die Reise wäre zwar nicht für immer verloren, weil man anhand des
Passes noch einmal neue Tickets hätte ausdrucken können, aber der Schalter
dafür befindet sich in einem anderen Eingang. Draußen! Im Regen! So hab ich
also noch einmal alles abgesucht und die Dinger kurz vor knapp in Carlas Sitz
gefunden. Völlig verrutscht und verklemmt unter ihrem Sitzpolster. Unsere
hübsche Sitzgelegenheit hatten wir uns mit einem Mädchen und ihrer Oma geteilt.
Die junge Dame hat ganz passables Englisch gesprochen und damit einen
Babyhalteauftrag gewonnen. Bis ich die Karten rausoperiert hatte, hat sie einen
fabelhaften Job gemacht und wir ausreichend Nervenkitzel für den Tag.
Schnell noch los und Donuts für den Rest der Truppe kaufen
und auf zum Zug. Von nun an ist wieder alles glattgegangen und wir sind gesund
und munter gegen 22 Uhr ins eigene Bett gefallen. Auch zu Haus lief alles
reibungslos und Mathild war hocherfreut am Morgen ihre Schwester wieder zu
sehen.
Am darauffolgenden Wochenende sind wir dann zum ersten Mal
seit langer Zeit wieder in eine der riesigen Malls, um für mich und den
Nachschwangerschaftskörper ein bisschen Kleidung zu kaufen. Nichts leichter als
das, wenn ganz Changchun ein ähnliches Vorhaben hat. Völlig durchgeschwitzt
stand ich in der H&M Kabine, hab schnell alles probiert und dann die Flucht
ergriffen. Mathild hat sich derweil mit ihrem Papa vergnügt. Mitten im Gang
wurde eine Art Abenteuerland für Kinder und Väter aufgebaut. Zwar sündhaft
teuer, aber Papa wollte so gern. Riesige Legotürme, Rutschen und ein überdimensioniertes
Bällebad hatten in der Tat ihren Reiz.
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Suchbild -hier irgendwo befindet sich Mathild |
Bei den Kindern sparen die Chinesen in
der Tat als letztes, was nicht nur teure Preise für Kleidung und Nahrung mit
sich führt sondern eben auch für Freizeitgestaltung und zum Teil auch
Spielzeug.
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Popcornstand mit allerlei abgedrehten Sorten (Durian, Sesam, ...) |
Im Anschluss gabs noch Käse- und Schokoladenpopcorn (delikater als
es klingt!) und auch dieser Ausflug war geschafft.
Kleiner Nachtrag:
Carla ist jetzt 10 Wochen und ein paar Tage alt und hat sich
soeben gedreht!
Da kann ich mich warm anziehen, das geht ja gut los
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