Ja in der Tat, wir haben es geschafft. ICH habe es
geschafft! Mein lieber Herr Gesangsverein war das alles in allem eine
aufregende Zeit. Ach was sag ich da? Vermutlich beginnt die ganze Aufregung
gerade erst 😊
Geboren ist die kleine Carla Louise (gesprochen: Luis) Simon
am 23.4.2017 um 16:06Uhr mit 3800g und 52cm im Beijing United Family Hospital. Sie kam zwar 8 Tage verspätet, hat
sich dafür aber ein cooles Datum ausgesucht -234-. Da wir ja damit gerechnet
hatten, dass sie eher zu früh kommt, haben wir tatsächlich etwa 4 Wochen
wartend in Peking verbracht…und es tat sich so gar nichts. Ich meine partout
nichts. In Worten: Null Komma nix. Ich konnte auch überhaupt nichts abschätzen,
doch das war schon bei Mathild der Fall. Von 0 auf 100 in unter 24 Stunden. Ich
wollte noch fix zum Schuhe kaufen auf den Pearlmarket und dann darfs gern
losgehen.
Und so ist es auch geschehen. Schon auf dem Rückweg vom
Markt setzte ein ominöses Ziehen ein. Something is happening! Na wer sagts
denn? Also wieder fix nach Hause, letzte Vorbereitungen treffen, Familie und
Freunde in Angst und Schrecken versetzen, bissl schlafen und erholen und dann
ging es am nächsten Morgen nach einer ausführlichen Duschung um 7Uhr auch schon
ins Krankenhaus. Die Wehen waren schon sehr knapp hintereinander und ich wollte
auch nicht so elendich zu Haus vor mich hin wehen. Also an der Rezeption nach
einem Taxi gefragt und mit Ehemann und Krankenhaustasche ab die Post.
Meine
größte Sorge war also unbegründet, denn sonntags früh um 7Uhr ist die Straße frei
und die Fahrer willig. Also, wie geplant, ab in die Notaufnahme und rauf zum
Kreißsaal. Hier wurde ich schon freundlich erwartet. Abwechselnd konnte ich im Stehen, Sitzen, Hocken oder sonst wie dieser
schmerzvollen Phase begegnen. So quälten wir uns (ja, der Stefan, mein
kleiner Trabant, musste mir stets folgen und den Rücken massieren, wenn wieder
eine Wehe kam) etwa 3Stunden, bis mich die Hebamme erneut fragte, ob ich eine
PDA wolle und ich zustimmte. „Nearly all“ der Gebärenden nehmen diesen
anästhetischen Service in Anspruch und nun auch ich.
Der Anästhesist kam keine 5 Minuten später (hat der
möglicherweise schon gelauert?) ins Zimmer. Besonders entspannt sah der nette
chinesische Arzt nicht aus. Schön ist es auch, wenn jemand im Begriff ist sehr
präzise eine riesige Nadel in Patientenrücken zu stechen und ein unübersehbares
Fingerzittern aufweist. Doch seine Handgriffe hat er wiederholt kontrolliert
und alle Utensilien überaus gründlich vorbereitet. Ob ich das nun gut finde
oder nicht, frag ich mich in der Tat erst jetzt… Vielleicht war ich ja seine
erste Patientin? Egal, er hat seinen Job letztlich gut gemacht. Ich durfte
meinen wuchtigen Körper auf die Seite rollen, Beine anziehen und abwarten.
Kurze Betäubung bevor die große Nadel kommt, nochmal stillhalten und fertig.
Anschließend wurde ich noch mit Kreppband mumifiziert, um auch ja jegliches
Verrutschen auszuschließen. Als er seine sieben Sachen weggeräumt hatte, war
ich auch schon betäubt. Nicht nur, dass das Zeug eine Art Grunddosierung hat,
ich hatte auch einen formschönen Drücker ausgehändigt bekommen, der mir
ermöglichte die Betäubung selbst zu rationieren. Im Parkinsonmodus hab ich erstmal
die volle Dosis genossen und zum Ende hin selbst rationiert, um wieder bissl
Gefühl in meinem Körper zu erlangen.
Man merkt schon noch die Wehen, aber eher wie durch ein
Kissen – ist defintiv auszuhalten. Aufstehen war natürlich keine Option mehr,
aber gut, ich hatte eh einen Katheter bekommen und nun kommts: während der
restlichen Eröffnungsphase einen Film auf dem Handy geschaut. Die letzten
Minuten vor dem großen Sturm zu zweit mit Cola und Popcorn genießen – doch die
waren leider nicht erhältlich im Krankenhausshop😊
Leider hat die PDA auch die Wehen etwas beeinflusst, sodass
mein Fortschritt die Hebamme nicht ganz glücklich machte. Also wurde auch
Carlas Fruchtblase angepiekst und siehe da: auf geht’s. Und zwar gewaltig!
Kurze Zeit darauf erschien die nette Dame erneut und verkündete: „it’s ready
now“! Wie bitte? Was hat sich verändert? Dafür fehlte mir nun ein bisschen das
Gefühl, was ich als einzigen negativen Aspekt gesehen habe. Egal. Ich wurde
komplett steril in Tücher gehüllt, Beine aufrichten und von jetzt auf gleich pressen.
27 Minuten und schon hatte ich eine kleine Mini-Mathild auf der Brust! Was für
ein schönes Déjà-vu!
So, dann appi kalappi das Kind gecheckt, Mutti inspiziert,
Klarschiff machen und alle bezahlten Kräfte verließen innert 30 Minuten ihren Einsatzort
und wir hatten viel, viel Ruhe. Fast schon ein bisschen zu viel! Nach ca. 3
Stunden hat dann Stefan mal nachgefragt, ob überhaupt noch eine Verlegung auf
die Wochenbettstation angedacht ist. Mir wurde es nämlich dann doch bissl
langweilig…Durch die PDA war ich nämlich ruck zuck wieder fit, Carla wollte ja
nur schlafen und Film gucken, war irgendwie unangebracht. So durfte ich dann
mein Plunder einsammeln und samt Kind hochgehen und mein neues Zimmer beziehen.
Hier blieb ich bis Dienstag. Um vor allem noch ein bisschen die Ruhe zu Zweit
zu genießen. Schließlich wurde ich im Krankenhaus tatsächlich behandelt wie in
einem Hotel. Das Personal war sehr rücksichtsvoll, diskret und vor allem
freundlich. Da kann so manche Einrichtung in
Deutschland noch neidisch werden. Ich jedenfalls war vollumfänglich glücklich mit allem 😊
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Da geht einem doch das Mutterherz auf |
Zu Hause wartete neben einem Glas Sekt ein riiiiiiiiesiger
Blumenstrauß und ein lebendiger Alltag auf mich. Man glaubt es kaum, aber
deswegen bin ich schon früher nach Haus. Die kleine Wundertüte hat mir gefehlt
und auch prompt alles wieder auf den Kopf gestellt vor Aufregung -herrlich!
(A propos Wundertüten: also Stillen ist ja noch immer so
eine Kunst, deren Ausführung so gar nicht meine Stärke ist. Die erste Woche war
der Horror. Zwei riesige, heiße Bomben, die aber dennoch das Kind nicht
sättigen… So hab ich angefangen bissl Milch zuzufüttern. Über kurz oder lang
hab ich wirklich alle Optionen versucht diesen Prozess bissl in Wallung zu
bringen (Pumpen, Bockshornklee, Malzbier, …), aber was solls, nix zu machen.)
Parallel hat der Stefan einen Leihroller geschnappt und ist
in Peking alle administrativen Wege gegangen. Es hieß zunächst die chinesische Geburtsurkunde
zu übersetzen, zu beglaubigen und zu legalisieren (glaub ich) und dann den Wust
noch zur Botschaft zu schaffen, um einen Pass zu beantragen. Doch hier war der
Haken. Während die ersten Schritte problemlos fast in einer Woche erledigt
waren, nahm sich die Botschaft zwei Wochen! Zeit, um überhaupt erstmal einen Termin zu
vergeben.
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Die Reisegruppe kehrt zurück |
So haben wir nur noch fix die ersten Fotos auf Empfehlung bei einem
sündhaft teuren Fotografen machen lassen >und stark bereut< und sind doch
schon etwas früher wieder nach Changchun abgereist, hatten Oma im Schlepptau
und damit eine wirklich, wirklich gemütliche Fahrt. Im Großen und Ganzen hab
ich eh den Eindruck, dass die Benutzung von Verkehrsmitteln immer friedlicher
wird, je älter Mathild ist. Sie schaut sich ein Buch an, bestaunt alle Krane und
Züge in der Landschaft, isst oder kaspert mit ihren Sitznachbarn.
Endlich zu
Hause!!!
Eine entspannte Woche mit Oma als Hilfe lag vor uns -und die
war auch nötig. Mensch was hab ich das genossen nicht abwaschen zu müssen, den
Herd links liegen zu lassen und vor allem nicht rund um die Uhr den großen
Wirbelwind zu bespaßen. In Peking hab ich die ersten beiden Tage tatsächlich im
„Wochenbett“ verbringen können und auch zu Hause musste ich mein „Nest“ kaum
verlassen. Genuss pur! 😊
So lief mein Alltag also erst allmählich an. Erst musste
Stefan wieder arbeiten (nach 15 Tagen parental holidays) und dann musste Mutti
wieder zurück ins Land der Frühaufsteher. Und wers glaubt oder nicht, es klappt
erstaunlich gut! Carla schläft ja noch immer viel, trinkt bissl zu langsam, hat
aber eh meistens Bedarf, wenn Mathild sowieso schläft oder beschäftigt ist. Ich
könnte eine geringfügige Menge mehr Schlaf bekommen, aber das ist echt nicht
der Rede wert. Und sind wir auf dem Spielplatz, hab ich in komplizierten
Aufmerksamkeitssituationen immer Hilfe erhalten. Mal findet sich jemand für
Carla oder Mathild spielt unter Aufsicht einer anderen Mutti weiter. Das ist in
der Tat der aller-, allergrößte Vorteil hier im Dorf! Auch hat sich Mathild
wirklich zu einer großartigen und fürsorglich großen Schwester entwickelt. Irre,
die kleine Dame ist jetzt schon die Große! Sie geht sehr achtsam mit Carla um
und versteht tatsächlich hin und wieder, was ich mir denke. Erstaunlich! Auch das
sprechen kommt so langsam in Fahrt, was natürlich unsere Kommunikation
erheblich erleichtert. Eine Kiwi wird zu WiFi (hat ja auch kein Kabel), „pieksen“
steht für Gabel und “Pfeife“ meint Hände waschen (Seife). Ziemlich cool und
erfrischend einleuchtend 😊
Und damit verabschiede ich mich erst einmal wieder in den Alltag. Dieser Post hat sage und schreibe 7 Anläufe gebraucht, um vollendet zu werden.
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