Dienstag, 28. März 2017

Mission: "kleine Schwester" ist angelaufen



Und schon grüßt fröhlich das Missionskommando: „kleine Schwester“ aus Peking. Ein großer Agendapunkt unseres famosen Plans ist erfolgreich bewältigt. Die Überfahrt mit dem Zug in dieses Peking war natürlich alles andere als komfortable, aber aushaltbar. Mathild war durchaus kooperativ, wenn auch nicht ein Sekündchen müde. Mit 18 Monaten braucht man auch keinen Mittagsschlaf mehr… das Kommt erst wieder, wenn man so grob über 20 ist. Wir hatten diesmal extra drei Sitze gebucht, um Gepäck und vor allem Kinderspielzeug gemütlich unterzubringen. Auch die Nachbarschaft war durchaus angenehm, wenn auch wieder in bester Speiselaune. Ich vermute ja, dass die Chinesen oft auch nur mit dem Zug fahren, um sich mal so richtig satt zu essen. Meine Güte, was die da alles mitschleppen! Und vor allem ausschließlich Lebensmittel, die keinen begehrenswerten Eigengeruch haben und auch so gar nicht appetitlich aussehen. Fröhlich war ich jedoch, dass nun niemand mehr versucht hat dem Kind alles anzudrehen -sie hätte höchstwahrscheinlich zugegriffen!
Nunja, nach 7 Stunden sind wir halbwegs entspannt angekommen, haben wieder einmal schnell die Taxischlange gesucht, uns dann aber doch kurzfristig für einen privaten Fahrer entschieden und zwei Koffer plus Kinderwagen galant und zu Fuß durch den Pekinger Nachmittagsverkehr zum Parkplatz gewuchtet. Für ca. 5 km Fahrt haben wir statt 200RMB NUR 100 bezahlt (15 hätten höchstwahrscheinlich gereicht), aber dafür eine komfortable Reise mit freundlicher Transporthilfe genossen. Nobel geht die Welt zu Grunde :)

Im Hotel angekommen haben wir auch prompt ein nettes Zimmer erhalten. Aus irgendeinem Grund nicht ganz so hübsch und modern wie das Vorführzimmer von damals, aber akzeptabel (Tatsächlich habe ich gedacht, dass alle Zimmer einen elegant gedeckten Tisch, einen Obstkorb und Blüten auf dem Wannenrand aufweisen). Die Möbel sind schon bissl in die Jahre gekommen und wurden auch zum Teil erheblich benutzt, aber alles in allem noch ok. Auch die Küche ist zufriedenstellend ausgestattet und zum gegenwärtigen Zeitpunkt fehlt es uns an nichts. Und weil wir einfach immer auf der Sonnenseite des Lebens hocken, ist mit mir noch eine andere Dame aus unserem deutschen Dorf in Changchun schwanger und verfolgt nahezu den gleichen Plan wie ich. Es handelt sich um eine fröhliche und vor allem wahnsinnig hilfsbereite Chinesin, die planmäßig nur 5 Tage nach mir Termin hat und im gleichen Hotel untergebracht ist. Natürlich kennt sie sich hervorragend in der Gegend aus und hat zudem noch ihre liebenswerte Mutti dabei. Auch unsere „großen“ Töchter sind nahezu gleich alt. Was will man also wieder mehr?!? 

Gleich am Montag hat mich also die Mutti an die Hand genommen und mir den lokalen Markt gezeigt. In gut gemeintem Hand-und-Fuß-Chinesisch haben wir angeregten Smalltalk gehalten und so alle nötigen Information ausgetauscht. Hier gibt’s wirklich alles, was das Herz begehrt. Obst, Gemüse, Ketchup und Nutella, Ochsenschwänze und sogar Petersilie! Und es kommt noch besser: ab nächster Woche soll es weißen Spargel geben! Ich fall echt vom Glauben ab und direkt ins kulinarische ParadiesJ Nach nur 15 Minuten Marsch ist also alles Lebensnotwendige besorgt. Für dringende Spontankäufe ist hier aber auch ein kleiner Minishop im Hotel, der wirklich auch ein breites Angebot bietet. Auf der Potentialliste des Hotels ist lediglich zu vermerken, dass das Frühstück echt miserabel ist. Es ist nicht so, als hätte ich es nicht wohlwollend versucht, aber für 98RMB konnte ich in keiner Hinsicht überzeugt werden und deswegen reichlich Müsli und Aufstrich besorgt. Hier auf dem Zimmer beklagt sich wenigstens niemand, wenn wir ungeschminkt und im Schlafanzug essen.

Soweit so gut. Noch ein bisschen die nähere Umgebung des Hotels erkundet und schon kann ein bisschen Alltag einkehren. Auch den nachbarschaftlichen Spielplatz haben wir schon ausfindig gemacht und erobert. Reichlich Spielkameraden sind dort jedenfalls anzutreffen. Kinder aus aller Herrenländer und alle scheinbar ein bisschen älter als Mathild. Doch davon lässt sich die Räubertochter ja nicht abschrecken, wenn sie von der Treppe springt, weil ihr alle anderen schon wieder viiiiiiel zu langsam sind.

Auf meiner vorgeburtlichen Agenda steht noch ein Besuch bei IKEA, beim Pearlmarket und idealerweise auch nochmal beim Sommerpalast. Wir werden sehen…
Aktuell gibt’s noch keine Prognose zum angepeilten Geburtstermin. Allerdings hat die junge Dame ja auch noch 18 Tage Zeit und solange es mir gut geht, soll sie die auch nutzen. Stefan ist eh fleißig arbeiten und sobald Mutti da ist, wird sowieso alles entspannter. Die Aufregung steigt nämlich schon gewaltig! In der Tat habe ich vor kurzem realisiert, dass da wirklich ein Baby bei rauskommt!
Man denkt immer, man hat alles genau auf dem Schirm und perfekt durchgeplant, aber Pustekuchen. Wenns auf die Zielgerade geht, wird auch der Blickwinkel feiner justiert. Trotz allem bin ich schon irre neugierig was für ein kleiner Hüpfer da ausgebrütet wird :)

In diesem Sinne melde ich mich vorsichtshalber erstmal ab und berichte wieder, sobald sich Zeit und Gelegenheit finden. Es bleibt spannend (auch für mich)  :-P

Freitag, 3. März 2017

Ich bin dann mal weg

Und wieder grüßt fröhlich aus dem verschneiten Changchun die wachsende Familie Simon. Meine Murmel ist ein wahres Prachtexemplar und unterscheidet sich dennoch enorm zu der Kugel, in der Mathild ausgebrütet wurde. Da der Bauch nun komischerweise massiv nach vorn auslädt, hab ich jetzt in der 35. Woche schon Schwierigkeiten meine Socken im Stehen anzuziehen. Aus dem Mutterschiff wird ein Mutterdampfer! Aber ansonsten ist noch immer alles in bester Ordnung! 

Vorvergangenes Wochenende waren wir nämlich für den nächsten Check in Peking und haben dieses Mal eine amerikanische und keine chinesische Ärztin konsultiert. Eine überaus weise Entscheidung!
Die Dame hat ein kurzes Gespräch geführt, eruiert wie so der Stand der Dinge ist und wo die Fahrt hingehen soll. Ultraschall veranlasst und schon lief alles wie gewohnt ab. Eine nette ältere Dame fährt etwa 45 Minuten mit dem Schallkopf über meinen Bauch, Mathild nimmt derweil mit ihrem Vater die Einrichtung auseinander und später wird zur Besprechung der Resultate vorgeladen. Und Achtung, Überraschung: ALLES IN BUTTER!! Da ich ja bei meinem letzten Besuch im Dezember in Angst und Schrecken versetzt wurde (Nabelschnur um den Hals, „battledore placenta“, Plazenta praevia, Risikoschwangerschaft, usw.) war die Erleichterung enorm. Natürlich hab ich zwischenzeitlich meinen Alltag ganz standardmäßig durchgezogen, aber irgendwo ist der Wust doch im Hirn. Hin wie her, es hat wieder jemand den Teufel an die Wand gemalt, völlig übertrieben und unnötige Information zum Beunruhigen werdender Eltern genutzt. Seis drum! Die kleine Würmin wächst und gedeiht und auch einer natürlichen Geburt steht nichts mehr im Weg. 

Kleine Leute, kleine Räder.
Dafür aber an jeder Ecke




Gottchen bin ich froh, dass die Ärztin auch noch so sympathisch ist! Für Schwarzmalerei bin ich ja nu gar nicht zu haben. Nun ist unser Plan perfekt. Am 26.3. (etwa 37. Woche) geht’s in aller Ruhe mit dem Zug nach Peking, kurz danach kommt Oma Reinhilde und dann warten wir ab was sich da so tut. Der Stefano kann derweil auch von Peking aus arbeiten und hat sich schon einmal mit der örtlichen share-community vertraut gemacht. Mit dem Rad in die Arbeit…Mensch, wie lange hatten wir das nicht mehr :)




 


Für alle Fälle hab ich mir auch hier in Changchun nochmal das erste, öffentliche Krankenhaus am Platz angesehen. Die Klinik, in der ich bisher zur Vorsorge war, ist zwar auch nicht so schlecht, allerdings kommen Frühchen eh in besagtes Krankenhaus und ich halte auch die medizinische Betreuung dort für moderner. Doch das ist nur Plan B…



Herrlich diese Herde auf der Rolltreppe!
Ansonsten hatte ich einen der bisher schönsten Tage des Jahres! An besagtem Samstag hat Papa den gesamten Kinderdienst übernommen und Mama nach Harbin in die Eis- und Schneewelt geschickt. Mit einer lieben Freundin, deren Tochter genauso alt ist wie Mathild, haben wir uns kurzerhand passende Züge gebucht und sind vormittags hin und am Abend wieder zurück -ganz allein und in aller Heiterkeit (dummerweise ohne Sekt!). Schon am Bahnhof haben wir es sehr, sehr genossen einfach nur auf den Sesseln zu fletzen und ungeniert die Leute zu beobachten. 

Mitten auf dem Platz eine kleine Kathedrale




Ja, nach etwa einer Stunde Zugfahrt gen Norden, sind wir auch schon angekommen. Kurz den Taxistand ausfindig gemacht (den vielen Touristen hinterher) und ab die Post in die Innenstadt. Eine der Sehenswürdigkeiten ist die St. Sophia Cathedral. Zwar ein für europäische Verhältnisse unterdimensioniertes Bauwerk, dennoch hübsch anzusehen und offensichtlich auch beliebt bei Touristen.





 
Eingang zur Fußgängerzone


Ganz authentisch bei komfortablem Schneetreiben haben wir die Fußgängerzone > FUßGÄNGERZONE IN CHINA!!!! < ausfindig gemacht und selbstverständlich alle Souvenirläden abgeklappert. Ach herrlich: niemand, der alles anknabbern muss, keiner, der alles runterwirft und erst recht kein Zeitdruck. Mensch, das Leben kann so schön sein :P Gekauft hab ich tatsächlich eine Matrioschka, die jedoch mittlerweile zu pädagogisch wertvollem Kinderspielzeug transformiert ist. Fix das Hungergefühl mit Jiaozi bekämpfen, schwören beim nächsten Mal einfach europäisch essen zu gehen und ins Taxi zum Festivalgelände gebraust.
Schneegestöber in Changchun
Entgegen anderslautender Schauermärchen hat das Taxifahren auch stets fabelhaft geklappt. Die Herren Fahrer sind eben doch nur Menschen und haben kein Interesse mit der Deutschen in halbschwindligem Chinesisch ewig über den Preis zu verhandeln. Das Taximeter zeigte wohlwollend an, was wir erwarteten und so konnten wir uns ungeniert von der winterlichen Traumwelt ringsherum betören lassen. Changchun übertreibts ja schon schnee- und eismäßig, aber Harbin ist nochmal eine andere Hausnummer!! 
Das Gelände an sich erreichten wir gegen 16Uhr. Noch rechtzeitig, um entspannt durch Kasse und Eingangsbereich zu trödeln und einen schönen Überblick bei Tageslicht zu erhaschen. Empfangen wurden wir ganz stilecht von Rentierschlitten samt Weihnachtsmännern. Die kennt hier zwar eigentlich niemand, ist aber scheinbar der chinesische Inbegriff von Winter. Die Situation der Tiere scheint mir allerdings doch eher beklagenswert!
MOTIVATION, MOTIVATION

Dummerweise haben wir uns dann vom Herdentrieb mitreißen lassen und sind den wild gewordenen Chinesen hinterher in eine Eisshow. Die kugelige Blondine erhielt fröhlich einen Platz in der ersten Reihe :) Gezeigt wurde eine Mischung aus Modenschau, lasziver Körperkunst, Eisrevue und Tanzdarbietung. Echt kein Highlight und viel, viel zu laut! Nach etwa 15 Minuten haben wir also versucht uns unauffällig wieder herauszuschleichen. Super easy, wenn man mittig in der ersten Reihe sitzt und die Ausmaße einer lebensgroßen Matrioschka beschreibt.… Das war also das Vorprogramm, der Hauptakt zeigte sich mittlerweile draußen. Bei Dunkelheit sind die faszinierenden Eisgebäude farbenfroh angestrahlt und überzeugen besonders durch Fülle und Vielfalt. 

Wie in einer Märchenwelt steigt man hier ein paar
Guten Tag :)
 Treppen rauf und lässt sich verzaubern, schaut dort filigrane Kunstwerke an oder kauft sich einfach völlig überteuerte Ein-Mann-Popoflitzer (?) und düst eine der präparierten Rampen hinab. Schien ein rasantes Unterfangen zu sein. Neben den Bauwerken gab es zudem noch ein Labyrinth, einen richtigen Rodelberg und allerhand Klamauk zur Beschäftigung von Kindern und solchen, die gern welche wären.
Poporutschen















Alles in allem sind wir etwa drei Stunden dort gewesen, was auch völlig ausreichte.
In der Hoffnung nicht im größten Abreiseverkehr zu landen, haben wir uns in die wirklich übersichtliche Taxischlange gestellt und gehofft… Just in diesem Moment müssen weit und breit alle Taxen Pause gemacht haben. Eine halbe Stunde war nichts zu kriegen, sodass wir schon spekulierten einen der überteuerten Privatfahrer zu nutzen. Letztlich stiegen auch dort die Preise und wir haben es doch beim Standardtaxi belassen. Bei eisigen Temperaturen sind Preise irgendwann Schall und Rauch, doch wurde uns vermittelt der Taxifahrer würde sein Gerät einschalten und uns fair zum Bahnhof transportieren. Meine Versuche eines Gesprächs hat er beflissentlich ignoriert und uns am Bahnhof um die Zahlung von 200RMB gebeten. Kess wie ich bin, bekam er fröhliche 100 von mir und schwupp di wupp sind wir, samt dicker Plautze, aus dem Fahrzeug getürmt. Damit hat der friedvolle Herr noch immer genug verdient!!
Was für eine nette Geste!

Sehr zum Leidwesen der immer-hungrigen Schwangeren unter uns, war am Bahnhof schon jedwede Lokalität geschlossen. Aber gut, eine Stunde Zugfahrt. Im heimatlichen Bahnhof angekommen wartete der arrangierte Fahrer schon munter und hat damit dem wundervollen Tag das i-Tüpfelchen aufgesetzt.
Auch an der häuslichen Front lief alles nach Plan und im vorgewärmten Bett wartete schon ein über meine Rückkehr dankbarer Ehemann mit Doppelkeksen und Milch auf mich.
Alles in allem ein mehr als perfekter Tag!!


Wir hatten Februar!
Und wäre nicht alles schon spektakulär genug an diesem Wochenende, hat sich die Räubertochter am Sontag um halb 8! noch überlegt sich dermaßen den Kopf anzustoßen, dass ein kleines Stückchen Zahn schlappmachte. Gottchen hat das gescheppert! Aber echt hey, zwei Minuten geschimpft und schon war Mathild wieder abgelenkt. Trotzdem haste was, kannste was fix in der Zahnklinik angerufen, Pferde gesattelt und hurtig hingedüst. Vor Ort wusste sogar der Parkplatzwächter schon was unser Begehr ist und hat uns direkt in die richtige Richtung geschickt. Minimale Wartezeit im kolonialen Wartezimmer und herrlich unkomplizierte Konsultation eines Arztes -auch direkt im Wartezimmer. Für Mathild die ideale und vor allem unkomplizierteste Vorgehensweise: Ok, der Zahn wackelt nicht, es ist noch genug Rest-Zahn da und das Kind ist fröhlich -puh, Abmarsch!

Ansonsten hatten wir noch munteren Besuch aus Deutschland bzw. Foshan und haben einen sonnigen Tag am Moonlake verbracht. Dieses Mal nicht so bitter kalt wie im letzten Jahr, dafür aber herrlich menschenleer und zauberhaft idyllisch. So allmählich fängts wohl auch hier an Frühling zu werden (Die Leute von hier lachen sich grad kurz ins Fäustchen über meinen Optimismus). Die vielen Aktivitäten wurden allmählich abgebaut oder zu einem günstigeren Preis angeboten. Reiten auf dem Eis war mir nun leider noch nichts für Mathild, aber die Herren sind kräftig mit dem Buggy (?) übers Eis gebraust. Hier und da noch eine Schneefigur besichtigen und schon hatten wir einen fröhlichen Tag miteinander. Besuch ist übrigens immer gern gesehen hier in Zhōngguó Dōngběi! Auch die Jiaozi-Oma freut sich :)
Guten Appetit